Woher weiß ich, was ich weiß?
Wie sicher sind Sie sich in Bezug auf ihr Wissen? Bei all den Informationen aus unterschiedlichsten Kulturen und Weltanschauungsrichtungen, bei Halbwahrheiten, falschen oder manipulierten Nachrichten, geraten für viele ihre persönlichen Gewissheiten durcheinander. Und auch die Sicherheit wissenschaftlicher Erkenntnisse hat sich als vergänglich erwiesen.
In unserer Reihe „Alte Schätze, neu entdeckt“ erklärt Wolfram Soldan im Podcast vom Mai 2023, warum er in seiner Erkenntnissuche für den Weg einer „hermeneutischen Spirale“ plädiert.
Lesen Sie hier im Blog einige seiner Überlegungen, hören Sie ausführlicher im Podcast, wie er diese Erkenntnisspirale versteht, und bei weiterem Interesse können Sie über info@ignis.de eine eigene E-Learning-Einheit zum Thema bestellen.
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„Wahr ist, was ich wahr-nehme.“
Dass jeder einzelne als Zugang zu dieser Welt nur seine persönliche Wahrnehmung hat und somit nur zu seiner persönlichen Sicht und Wahrheit gelangen kann, ist in unserer von der Postmoderne geprägten Zeit eine weit verbreitete (und nicht unbegründete) Überzeugung.
Aber: Menschen sind im Verstehen ihrer eigenen Wahrnehmung geprägt von und grundlegend angewiesen auf Orientierung gebende Informationen – und das hat auch mit Beziehung zu tun, denn wir brauchen Quellen der Information, denen wir vertrauen.
Die Subjektivität und Beliebigkeit der Postmoderne überfordert hier, aber ebenso wenig sind die „Gewissheiten“ der Moderne (aus Wissenschaft oder Welterklärungssystemen) die Lösung.
Eine sinnvolle Alternative
Als sinnvolle Alternative sehe ich eine Logik der Vergewisserung, die
1. Subjektivität, 2. Objektivität, 3. Transzendenz, 4. Mich als Beziehungswesen und 5. Mich als „Wortverdauer“ (als jemand, der die Worte anderer aufnimmt) einleuchtend einbezieht.
Ich nenne dies „Hermeneutische Spirale“. Meine Logik in diesem Erkenntnisprozess:
- Der Gott, der sich in der Bibel offenbart, als Schöpfer des Universums, verfügt über objektives Wissen (über das was er SELBER schuf).
- Er ist mir mitten im subjektiven „Wahrheitskreisverkehr“ ein objektives Gegenüber, auch wenn mein Zugang zu Ihm natürlich immer noch subjektiv gefärbt bleibt.
- Schrittchenweise begegnet mir objektive Wahrheit in der Bibel, im Gebet, sogar versteckt als Handschrift des Schöpfers überall in der Schöpfung, sofern ich die Schrift lesen kann.
- Aus dem in sich geschlossenen Kreis eines hermeneutischen Zirkels wird eine in die dritte Dimension (objektive Wahrheit) offene Spirale.
- Ob sich meine Erkenntnisspirale in Richtung objektiver Wahrheit „hinaufschraubt“ oder in Richtung Desinformation „herab“, hängt von meiner Offenheit der Wahrheitsquelle gegenüber ab.
Die Wahrheit, die mir prozesshaft begegnet, ist im Kern Person (Jesus: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben) und diese Person nimmt mich schrittweise in ihr Wissen mit hinein, wenn ich ihr als Person folge. Das ist möglich, weil ich nach Gottes Bild geschaffen bin (trotz aller Abstriche durch ein zerbrochenes oder entstelltes Bild) und weil Gott selber Mensch wie ich geworden ist.
Bescheidenheit und Zuversicht im Prozess des Erkennens
Begreife ich diesen Wissens-Begegnungs-Prozess, macht mich das bescheiden, demütig, denn ich weiß, wie bruchstückhaft und unsicher mein Wissen ist.
Es macht mich im Begreifen sozial verträglicher, denn ich weiß, dass es den anderen auch so geht und ich auch Begegnung mit anderen brauche, um mein Wissen zu ergänzen.
Es macht mich aber auch hoffnungsfroh, denn ich bewege mich auf unzerstörbare ewige Wahrheit zu, auf meinen geliebten und mich liebenden Schöpfer.
So kann ich lernen, mit meinen Erkenntnisfragen gelassen umzugehen, weil ich weiß, dass es jemanden gibt, der weiß (alles weiß) und der mich liebt und mir deshalb zeigen wird, was ich wissen muss, um ans Ziel zu kommen.
Ich kann mich im immer noch unsicheren Wissen, durch IHN selbst abgesichert, zuversichtlich bewegen. Fehler werden passieren und Fehler werden korrigiert durch IHN, zu SEINER Zeit (übrigens sowohl meine Fehler als auch die von denen, die ganz andere Überzeugungen haben, die ich unbegreiflich finde, denn Gott liebt auch sie).
Wolfram Soldan (Mai 2023)