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IGNIS-Freundestreffen: Impuls zum Kreuz im IGNIS-Garten

Vor vielen Jahren verwandelte ein Student durch ein Gruppenprojekt im Rahmen seiner Diplomarbeit die unscheinbare kleine Gartenfläche rund um die IGNIS Akademie in einen „Seelengarten“. Ein Wasserlauf, verschiedene Pflanzeinheiten, ein Sitzplatz und auch ein spezielles Holzkreuz luden ein, dem eigenen Inneren nachzuspüren und Gott zu begegnen.

Gerne pflegen und erhalten wir diesen Garten und Seminargruppen freuen sich, in den Pausen eine kleine Entspannungsoase zu haben.

Leider war das Holzkreuz mit der Zeit stark verwittert.
Christoph Görner, 2011/12 zwei Semester lang Student am ICP, wurde anschließend Zimmermann und hat sich jetzt für uns darauf eingelassen, ein neues Kreuz zu gestalten.

Die Grundform ist dem alten Kreuz nachempfunden, aber es gibt auch einige neue Elemente und Symbole, die man vielleicht erst auf den zweiten oder dritten Blick entdeckt. So lohnt es sich, sich von Christoph in die Gedanken mit hineinnehmen zu lassen, die ihm während der Entstehung gekommen sind und dazu beigetragen haben, dass das neue Kreuz so aussieht, wie es dasteht.

Handwerkliches

Das neue Kreuz ist aus Douglasienholz und Douglasie 3 Schicht Platte gefertigt (rötliche Farbe). Douglasie hält auch frei bewittert über Jahre. In das Kreuz sind ca. 100 Harzgallenflicken eingefräst und verleimt. Diese Schiffchen lagen zuvor monatelang in spirituslöslicher farbiger Beize, um das Holz ganz mit der Farbe zu durchdringen. Zum Schluss wurden alle Hölzer gebürstet. Das hat den Effekt, dass die weichen Holzfasern rausgelöst werden und die härteren stehen bleiben. Used-Look könnte man dazu sagen. Der letzte Arbeitsschritt war der 3-malige Anstrich mit UV-Schutzöl, um die Holzfarbe möglichst lange zu erhalten und vor dem Vergrauen zu schützen.

Symbole

Das Kreuz hat weiterhin zwei senkrechte Säulen und einen Querbalken, der ähnlich wie ein Schiff geformt ist.

Die kleinere Säule steht für das Gericht Gottes. Als meine Nichte 3 Jahre alt war, hat sie mich mal gefragt: “Onkel Christoph, warum musste Jesus sterben?“ Mh, puh, dann steht man erstmal da und überlegt sich, wie man das einem Kind erklärt. Und ich komme selber ins Nachdenken: Warum musste Jesus eigentlich sterben? Und habe ich das auch wirklich mit meinem Herzen ergriffen?

Sünde ist teuer. Sie kostet uns das Leben. Jemand muss für den Schaden der Sünde bezahlen. Stellt euch vor, ein Unbekannter hat euch so einen richtig fetten Kratzer ins Auto gezogen. Dann wollt ihr ja auch wissen, wer das bezahlt. Wer kommt für den Schaden auf? Am besten der, der den Kratzer reingezogen hat, oder?!

Wir hinterlassen immer wieder Kratzer und Dellen im Leben anderer. Manche oberflächlich, manche sehr tief. Die erschreckende Botschaft ist: Eigentlich müssten wir dafür aufkommen, müssten selbst am Kreuz hängen. Wir werden schuldig, immer wieder.

Eine der eindrucksvollsten Geschichten dazu steht im Neuen Testament. Eine Frau, dort steht eine Sünderin, platzt in eine Männerversammlung. Die Männer liegen zu Tisch. Die Frau fängt an zu weinen, wäscht die Füße Jesu mit ihren Tränen, trocknet sie mit ihren Haaren ab, küsst seine Füße und reibt die Füße mit sehr teurem Öl ein. Jesus kommentiert: Wem viel vergeben ist, der liebt viel. Die Vergebung Jesu war ihr unendlich kostbar. Sie hat es mit dem Herzen ergriffen.

Paul Gerhardt schreibt in einem Lied: „Jesus ist kommen, die Quelle der Gnaden; komme, wen dürstet, und trinke, wer will! Holet für euren so giftigen Schaden Gnade aus dieser unendlichen Füll!

Die zweite Säule, die immer größer ist als die erste, steht für die Gnade Gottes. Jesus geht den Leidensweg selbst und bezahlt für uns mit seinem Tod. Er bezahlt, wir sind erlöst.

Der Querbalken unseres Kreuzes hat die Form eines Schiffes. Wir sitzen als Christen alle im selben Boot. Und das ist schon manchmal eine Zumutung. Die einen sind zu liberal, die anderen zu engstirnig konservativ, die einen zu lasch, die anderen zu ernst. Da hätte man schon manchmal Lust den ein oder anderen über die Planke gehen zu lassen. Die, mit denen ich nicht in einem Boot sitzen will. Da müssen wir nur aufpassen, dass wir nicht auch Jesus unfreiwillig entsorgen. Denn er hat mal gesagt: „An der Liebe zueinander wird die Welt erkennen, dass ihr meine Jünger seid“. Jesus ist nicht gekommen, die Welt zu richten, sondern die Welt zu retten.

Viele Schiffchen / Blätter

Die Schiffsform taucht außerdem in den vielen farbigen Schiffchen auf, die in den Balken eingeleimt sind – und diese Form ähnelt gleichzeitig den Blättern des Olivenbaums. Wer schon einmal in Israel war, kennt die uralten Olivenölbäume im Garten Gethsemane. Paulus greift im Römerbrief dieses Bild vom Ölbaum auf. Wir als Heidenchristen sind als wilde Zweige in den Ölbaum eingepfropft. Der Ölbaum symbolisiert die Heilsgeschichte Gottes mit den Juden. Wir bekommen Anteil an der Wurzel und dem Saft des Baumes. Wir sind durch unseren Glauben an Jesus Teil dieses Baumes und werden von ihm getragen.

Verschiedene Farben

Nun haben die Blätter unterschiedliche Farben – Farben die in unserem Leben symbolisch eine große Rolle spielen. Alles Leben beginnt mit einem göttlichen Funken. Das erste Blatt ist deshalb golden. Gott schenkt und erhält das Leben und er hat die Macht es auch wieder zu nehmen.

Das Kreuz gibt Halt. Das Leben schlängelt sich um das Kreuz. Frisches Grün, blühendes Leben, sattes Grün, das erfüllte Leben, und da, je älter wir werden, kommen dunkle Blätter dazu. Das, was einst geblüht hat, welkt, es verdorrt. Der Tod, Trauer, Vergänglichkeit brechen von Zeit zu Zeit in unser Leben ein und wir merken: Sehr vieles vergeht und hat keinen Bestand. In Psalm 90 heißt es: Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.

Nicht alles, was wir tun, bringt auch geistliche Früchte. Manche kommen reich im Himmel an, sie haben sich Schätze im Himmel gesammelt, und manche riechen ein wenig versengt, wenn sie bei Jesus ankommen, weil ihr Lebenswerk nicht auf das Himmelreich ausgerichtet war: “Denn niemand kann ein anderes Fundament legen als das, das schon gelegt ist – Jesus Christus. Wer nun auf dieses Fundament aufbaut, kann dazu Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu oder Stroh verwenden. Am Tag des Gerichts wird sich die Arbeit jedes Einzelnen im Feuer bewähren müssen. Das Feuer wird zeigen, von welcher Qualität das Bauwerk ist. Wenn es dem Feuer standhält, wird der, der es gebaut hat, Lohn empfangen. Doch wenn sein Werk verbrennt, wird er einen schmerzlichen Verlust erleiden. Er selbst wird zwar gerettet werden, aber nur wie einer, der mit Mühe und Not einem Feuer entkommt.” I1 Kor. 3, 11-15)

Dornenkrone und Siegeskranz

Ein großer Teil unseres Lebens besteht aus Alltag, Routine, aus dem Soliden, Beständigen, manchmal Langweiligen. Und dann gibt es immer wieder diese goldenen Unterbrechungen. Immer mal wieder bricht Gott in unser Leben ein. Gott begegnet uns: Vielleicht wird uns plötzlich bewusst, dass wir gerettet sind, wir erleben ein geistliches Highlight, eine heilende Begegnung, wir spüren die Gegenwart Gottes, sind überwältigt von seiner Liebe und Barmherzigkeit.

Und wenn wir dann ans obere Ende kommen: eine goldene Dornenkrone. Ein Symbol für Jesu Leiden und gleichzeitig seinen Sieg über den Tod.

Diese Krone ist auch Symbol für den Siegeskranz, der uns versprochen ist, und regt an zu überlegen: Nach was richte ich mein Leben aus? Laufe ich wie jemand, der den Siegeskranz erhalten möchte? Jesus hat diesen Siegeskranz denen verheißen, die ihn lieben. Rechne ich mit ihm? Und bin ich bereit, meinen Alltag unterbrechen zu lassen durch so ein goldenes Blättchen?

Christoph Görner, Impuls zum Kreuz beim IGNIS-Freundestreffen am 15.06.2024