Halb leer oder halb voll? – Den guten Vorrat schätzen!
Was fehlt mir – oder was habe ich? Was kann ich – oder was nicht?
Über Jahrzehnte lag der Schwerpunkt psychologischer Forschung auf problematischem Verhalten und gestörtem Erleben und auf der Suche nach Möglichkeiten, hier Abhilfe zu schaffen oder Mangel auszugleichen. Bis seit den 1990er Jahren die Positive Psychologie begann, Faktoren für Gelingen und erfolgreiche Lebensbewältigung zu untersuchen und daraus ganz neue Ansätze für Beratung, Therapie und pädagogische Förderung zu entwickeln.
Auch aus dem Alltag ist es uns vertraut, dass wir viel länger an Nicht-Vorhandenem und Problemen hängen bleiben als dass wir uns über das Gelungene freuen.
Ein „Habender“ sein
Wenn in unseren Kursen das Thema „Habende sein“ auftaucht, staunen viele, denn meist war diese Aussage Jesu für sie bisher eher ungerecht und rätselhaft:
„Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat.“ (Mt 13, 12)
Warum sollte Jesus wollen, dass dem Armen, der nichts hat, auch noch das Letzte, Wenige genommen wird? Warum sollte er, der so unermüdlich predigt, nicht wollen, dass auch die Unverständigen ihn verstehen?
Er will es wohl, aber gerade das „Nicht-Haben“ kann dem im Wege stehen.
„Nicht-Haben“ – das Fokussieren auf den Mangel blockiert.
Wenn jemand vor allem auf das achtet, was er oder sie nicht hat, was nicht passt, was schlecht ist, was er oder sie nicht kann oder will – dann kann dabei schnell das verloren gehen, was noch da ist. Es wird verkümmern, liegen bleiben, nutzlos, weil unbeachtet.
„Haben“ – Dankbarkeit für das Vorhandene gibt Kraft.
Wenn jemand dagegen auf das schaut, was er oder sie hat, egal, wie klein oder groß es ist, auf das, was gelungen ist, was geschenkt wurde, dann lässt sich darauf aufbauen. Wir bekommen Mut, uns weiter einzusetzen, wir haben Zuversicht, dass wir etwas schaffen können, wir lernen Neues, erweitern unser Wissen ebenso wie Fähigkeiten und Ressourcen.
Impulse für die praktische Umsetzung aufgreifen
Auf das zu achten, was vorhanden ist, da finden wir in der Positiven Psychologie manch unterstützende Impulse. Sie hat Themen aufgegriffen, die wir als christliche Tugenden kennen, deren Wachstum der Hl. Geist bewirkt und für deren konkrete Umsetzung im Alltag wir Ideen suchen.
Im IGNIS-Podcast vom August 2023 zählt Danielle Müller-Winkler diese (und weitere) Forschungsthemen der Positiven Psychologie auf: Hoffnung, Dankbarkeit, Vergebung, Mut, Kreativität, Liebe.
Untersuchungen belegen, dass es sich positiv auf unser Wohlbefinden auswirkt bzw. unsere Gesundung fördert, wenn wir Hoffnung haben, dankbar sind, vergeben können…
Schon immer gewusst? Ja, wahrscheinlich. Schon immer beherzigt? Da dürfen wir jeden Tag lernen, was wir beitragen können, um so ins Leben zu gehen, und uns vom Hl. Geist ermutigen und leiten lassen, es auch zu tun.
Agnes May (August 2023)
Hören Sie
Danielle Müller-Winkler im persönlichen Austausch mit Susanne Krieger
>>> Podcast „Positive Psychologie und Ressourcenorientierung“ (ca. 30 Min.)