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Soziale Kompetenz

Zumindest als Christen müssen wir doch einfach gut miteinander auskommen, in Familie und Gemeinde, im Alltag ebenso wie unter Belastungen… und darüber hinaus Frieden in unsere Nachbarschaft, das Firmenteam oder die Sportgruppe tragen…

Oft starten besonders junge Menschen sehr enthusiastisch in gemeinschaftliches Leben. Aber auch die „Älteren“  gehen mit Wünschen und Zielen an das soziale Miteinander heran und erstreben „Wahrhaftigkeit“ oder „Ehrlichkeit“ oder „Vertrauen“.

Mit diesen Werten oder Zielen gehen wir an die Gestaltung des sozialen Miteinanders, besuchen einen Hauskreis, werden Teil eines Vereins oder beginnen eine Freundschaft und genießen es, dass es da Menschen gibt, die auch gerne in der Bibel lesen oder Fußball spielen oder ins Kino gehen.

Nach einiger Zeit stoßen wir dann aber auch auf Grenzen: unsere und die des anderen. Das ist – auch wenn es uns manchmal schwer akzeptabel scheint – normal und wichtig. Ja, eine Beziehung, egal welcher Art, wächst genau an den Stellen, wo unsere Ziele und Erwartungen mit den individuellen Grenzen der einzelnen Beteiligten in Spannung geraten.

Die (ent-)spannende Frage ist deshalb nicht, wie wir Konflikte vermeiden und die ideale Gruppe oder Beziehung finden, sondern vielmehr, wie es an dem Punkt weitergeht, wenn die Bedürfnisse und Wünsche miteinander nicht mehr im Einklang sind.

Bei meiner Suche, was ich dafür an sozialer Kompetenz brauche, behalte ich bewusst das Wirken des Heiligen Geistes im Blick. Denn zum einen schenkt Gott an bestimmten Stellen übernatürlich Fähigkeiten, die  uns mit  anderen verbinden, und zum anderen ermächtigt uns der Heilige Geist, in den notwendigen Lernprozessen mutig voranzugehen.

Schauen wir uns die unterschiedlichen Bereiche dieser Lernprozesse an.

Wahrnehmung

Gott hat uns geschaffen und uns mit wundervollen Fähigkeiten und Möglichkeiten ausgestattet. Wir können denken und empfinden, wir haben einen Körper, der uns darin unterstützt, uns in dieser Welt zu bewegen. Im sozialen Miteinander spielen körperliche, kognitive und emotionale Erlebnisse und Abläufe eine beträchtliche Rolle. Aus diesem Grund ruft Gott uns auf, damit achtsam umzugehen und sie besser kennen und einschätzen zu lernen. (Epheser 5, 8 – 20)

Ein erster Schritt in der Entwicklung sozialer Kompetenz ist es, wahrzunehmen, was bei mir selbst so passiert, in meinem Körper, in meinen Gedanken und Gefühlen.

Regulation

Eine gelingende Wahrnehmung ermöglicht Reifungen beim nächsten Schritt der sozialen Kompetenz: bewusster mitgestalten, was in mir und zwischen uns geschieht.

Unser Körper reagiert sinnvollerweise sehr schnell auf Impulse außerhalb und innerhalb unserer selbst. Es lohnt sich, den eigenen Körper kennenzulernen und zu verstehen, was ihm hilft, Kraft gut einzusetzen und sich dann auch wieder zu entspannen. Nicht nur, aber auch für die Gestaltung von Beziehungen ist es gut, sich nicht andauernd im Extremspannungsniveau zu befinden.

Auch im Umgang mit Gedanken erleben Menschen sich in manchen Denkvorgängen so, als wären sie der Abfolge der kognitiven Inhalte ausgeliefert. Es ist hilfreich, an dieser Stelle Regulationsideen kennenzulernen und einzuüben (z.B. Gedankenstopptechniken, Kognitive Umstrukturierungen).

Und es ist erstaunlich, wie sich Gefühle verändern, wenn wir dem Körper und den Gedanken helfen, sich zu regulieren. Darüber hinaus gibt es Wege, die Gefühle selbst zu leiten. Die Zugänge dazu sind individuell sehr unterschiedlich: Gefühle ausdrücken (kreativ, kommunikativ, kognitiv, körperlich etc.), Feedback bekommen, Trost, Ermutigung, Schutz erfahren, auch Ermahnung und Korrektur…

Regulation bezieht sich immer auf alle drei Bereiche, die Interaktion zwischen der Wahrnehmung von Gefühlen, Gedanken und Körperereignissen und deren Regulation ist notwendig.

Kommunikation

Neben der individuellen Beschäftigung mit Wahrnehmung und Regulation ist es für gelingende Beziehungen wichtig, mit den eigenen Gefühlen, Gedanken und Körpersensationen in Kontakt zum anderen zu gehen. Eine Verbindung zum anderen entsteht, wenn wir uns trauen, unsere Wahrnehmungsereignisse mitzuteilen.

Konfliktkompetenz

Eine Konfliktkompetenz baut auf unseren Fähigkeiten auf, wahrzunehmen, zu regulieren und zu kommunizieren. Haben wir diese Fähigkeiten eingeübt, können wir sie in den Dienst der Lösung von Konflikten, Missverständnissen und Verletzungen stellen. Dann können wir solche Fähigkeiten ausbauen, wie zum Beispiel gute Grenzen zu setzen, Kompromisse zu entwickeln oder Vergebung zu geben und anzunehmen.

Beziehungen leben

Dieses Lernen kann in ganz unterschiedlichen „Räumen“ geschehen. Zum einen gibt es die geschützten Räume, wo wir außerhalb der brenzligen Beziehungssituationen erste Schritte gehen: in Seelsorge, Beratung oder Therapie, in der Selbstreflexion und in der Zeit mit Gott.

Das beste Lernfeld sind aber vor allem die direkten Beziehungserfahrungen. Ich möchte ermutigen, dranzubleiben… Manchmal ist es so, dass man sich im Laufe des Lebens immer weiter von den Idealvorstellungen der Jugend über gelungene Beziehungen entfernt. Einesteils ist das gut, weil wir weiser auf Situationen schauen. Zum anderen sollten wir uns aber von den Jungen immer wieder anstecken lassen, von ihrer Begeisterung für Beziehung.

Gott hat uns füreinander und für Beziehung geschaffen. Und nirgends entwickeln sich unsere sozialen Kompetenzen so nachhaltig, wie in echten Beziehungen. Miteinander. Mit Gott.

Katrin Kroll